Wie wird Vertrauen geschaffen? – Friedensarbeit in der Grenzregion

Die Friedenskonferenz der EKD hat sich im Rahmen einer Tagung im Schleswig-Holsteinischen Breklum an einem Abend ganz der kirchlichen Friedensarbeit in der deutsch-dänischen Grenzregion gewidmet.

Schleswig/Breklum (aw). Das deutsch-dänische Grenzland gilt allgemein als Modellregion für ein gelungenes Zusammenleben über Grenzen hinweg. Hier existieren neben der Evangelisch-Lutherischen Nordkirche südlich der Grenze sowie der dänischen Folkekirke nördlich davon auch die jeweiligen Minderheitenkirchen mit ihren geistlichen Vertreterinnen und Vertretern vor Ort. In den zurückliegenden Jahrzehnten haben die Evangelisch-Lutherischen Kirchen sich auf verschiedenen, gemeinsam gestalteten Wegen dafür eingesetzt, das friedliche Miteinander über Grenzen hinweg zu fördern und zu gestalten. Unter dem Motto „Begegnungen an der Grenze“ wurde den Mitgliedern der EKD-Friedenskonferenz unter der Leitung von Landesbischof Friedrich Kramer ein Überblick über die Eckpunkte der Geschichte des Friedensprozesses im Grenzland gegeben. Dabei wurde auch die Gegenwart miteinbezogen.

Nora Steen, Bischöfin im Sprengel Schleswig und Holstein der Nordkirche, sagte als Gastgeberin: „Im heutigen Grenzland haben vor allem die Menschen, die hier leben und arbeiten, mit ihrer Haltung dazu beigetragen, ein friedliches Miteinander zu ermöglichen. Doch es braucht zudem auch den Rahmen und die Anlässe, die zu Gemeinsamkeit und Gemeinschaft über Grenzen hinweg führen. Dazu haben die vier Kirchen in der Grenzregion mit ihren Initiativen in den zurückliegen Jahrzehnten auf wunderbare und erfolgreiche Weise beigetragen. Ich freue mich, dass wir den Mitgliedern der EKD-Friedenskonferenz einen Einblick in diesen Prozess geben durften.“

Matthias Alpen kennt die Geschichte aus eigener Anschauung und Erfahrung. Er ist als Pastor und „Senior“ (vergleichbar mit der Funktion eines Propstes) in der Nordschleswigschen Gemeinde mit Sitz im dänischen Lügumkloster beschäftigt und weiß, was die Menschen im Grenzland bewegt. Zudem fördert und gestaltet er seit vielen Jahren das Miteinander der Kirchen in der Grenzregion und ist regelmäßig bei grenzüberschreitenden Treffen und Gesprächsformaten dabei.

In einem Vortrag spannte Matthias Alpen den Bogen von der Volksabstimmung 1920 bis in die heutige Zeit und nannte beispielsweise so wichtige Meilensteine wie die Bonn-Kopenhagener Erklärungen von 1955. Gleiches gilt für die gemeinsame Nutzung von Kirchen in Nordschleswig oder die Herausgabe eines deutsch-dänischen Gesangbuches. Es ermöglicht seit 2015, in Gottesdiensten Lieder zweisprachig zu singen. In der jüngeren Gegenwart feierten deutsche und dänische Kirchen gemeinsam das 100. Jubiläum der Grenzabstimmung mit gemeinsamen Gottesdiensten und Begegnungsformaten. „Die Erinnerung an die Gräueltaten der Nazis ist in die DNA der Dänen übergegangen. Daher haben wir viele Jahrzehnte gebraucht, um da anzukommen, wo wir gegenwärtig sind. Heute verstehen sich die Minderheiten im Grenzland als Brückenbauer zwischen den Kulturen. Vom Gegeneinander übers Nebeneinander sind wir heute zum Miteinander und Füreinander gekommen,“ erläuterte Matthias Alpen.

Auch Bischöfin Nora Steen und Bischof Elof Westergaard (dänische Folkekirke, Bistum Ribe) konnten aus ihrem Erleben berichten, wie Vertrauen entstand und was im dänisch-deutschen Miteinander gerade heute so bemerkenswert ist. Dabei wurde deutlich, dass Versöhnung kein Ereignis oder kein Ergebnis ist, sondern ein immerwährender Prozess von weiterem Kennenlernen, Beziehungen pflegen und gemeinsamen Unternehmungen. Dass bei diesen Prozessen und Maßnahmen auch die Kirchen im Grenzland eine wichtige Rolle einnahmen und -nehmen, zeigten die eindrücklichen Erinnerungen und Erzählungen der beiden Geistlichen. So berichtete Elof Westergaard über die Gesetzesinitiative der Dänen zur verpflichteten Übersetzung nicht-dänischer Predigten, die auf islamistische Hassprediger abzielte, aber auch die deutsche Minderheit beeinträchtigt hätte. Deutsche und dänische Bischöfe haben seinerzeit gemeinsam dagegen interveniert. Und Bischöfin Nora Steen machte darauf aufmerksam, wie heute die klaren Rechte der Minderheiten auf die eigene Sprache und Kultur nicht mehr in Frage gestellt wird.

Das Treffen mit der EKD-Friedenkonferenz bildete auch den Rahmen für eine gemeinsame, sehr stimmungsvolle deutsch-dänische Andacht mit Geistlichen aus dem Grenzgebiet und den Mitgliedern der EKD-Friedenskonferenz. Dabei wurde erstmal das mehrsprachige, neue Andachtsbuch des Popinstituts der Nordkirche, „Tiefenklang“, genutzt.

Die EKD-Konferenz für Friedensarbeit

Die „Konferenz für Friedensarbeit der EKD“ ist eine vom Rat der EKD beschlossene Struktur innerhalb des Vereins für Friedensarbeit im Raum der EKD e.V. Sie vernetzt die Arbeit aller relevanten Akteure aus der evangelischen Friedensarbeit und ermöglicht so eine breite Diskussion friedenspolitischer Entwicklungen und Strategien sowie die Abstimmung gemeinsamer Initiativen und Projekte. Die Konferenz will dabei Impulse an die leitenden Gremien der EKD und ihrer Gliedkirchen sowie für die Arbeit ihrer Mitglieder geben. Geleitet wird die Konferenz vom Friedensbeauftragten des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland, Landesbischof Friedrich Kramer.