Bonner EAK-Frühjahrstagung mit anregendem Spaziergang

Die Evangelische Arbeitsgemeinschaft für KDV und Frieden (EAK), sie ist ein Forum für alle, die in den Landes- und Freikirchen in der Friedensarbeit tätig sind. Hier besteht die Möglichkeit zum Austausch, zum Dialog und zum Kennenlernen. Dies zeigte sich auch bei der Frühjahrstagung der EAK in Bonn. Und dieses Forum ist gerade jetzt umso wichtiger, als zum einen in vielen Landeskirchen zurzeit friedensethische Prozesse laufen, aber zum anderen auch die kommende EKD-Synode in Dresden, wo das Friedensthema im Mittelpunkt stehen wird, näher rückt. 

Mittlerweile ist es aber auch schon zur Tradition geworden, dass neben einem Gedankenaustausch bei diesen Treffen auch die Friedensarbeit derjenigen Landeskirche näher in den Blick genommen wird, in der die EAK tagt. Diesmal also die Evangelische Kirche im Rheinland, die vor kurzem mit ihrem „Friedenswort der Landessynode“ auf sich aufmerksam machte, aber auch schon seit einiger Zeit ein verstärktes Augenmerk auf die Friedensarbeit legt.

„Friedensarbeit hat sich nicht überlebt, aber Friedensarbeit hat es auch nicht immer einfach, und oft auch keinen Rückenwind in der Bevölkerung“, meinte Oberkirchenrätin Barbara Rudolph von der Kirchenleitung der rheinischen Kirche bei der EAK-Frühjahrstagung in Bonn. Es seien mehrere Themen, mit denen die rheinische Kirchenleitung derzeit befasst sei, und diese seien durchaus ambivalent. 

Dazu gehöre die Diskussion um den Braunkohletagebau. „Hier leben Menschen, die sich dagegen wenden und die Umwelt schützen wollen. Und dann leben da auch Menschen, die von dieser Industrie leben“, erläuterte die Oberkirchenrätin. Ähnlich sei es bei der Rüstungsindustrie, so wie in Düsseldorf Rheinmetall. „Wir als Kirche setzen uns damit auseinander und stellen uns dieser Ambivalenz“, betonte Barbara Rudolph. 

Dabei schätze die rheinische Kirche aber auch das Fachwissen von Organisationen wie die Gemeinsame Konferenz Kirche und Entwicklung (GKKE) oder auch der EAK, die der Kirchenleitung wichtige Expertisen geben würden, machte sie deutlich. Frieden sei ein Generalthema für Kirche, aber dennoch bräuchte es auch Organisationen und Personen, die sich ganz dieser Arbeit widmen würden.

Landeskirchenrätin Anja Vollendorf, die rheinische Friedensbeauftragte, stellte der EAK die Friedensarbeit, vor allem aber auch das Friedenswort vor. „Es ist ein Impuls zum Einstieg in eine friedensethische Diskussion. Wir wollten damit einen Prozess anstoßen vor dem Hintergrund des Endes des Ersten Weltkrieges vor 100 Jahren“, erläuterte sie. In dem Friedenswort, das auf Zustimmung, aber auch auf Kritik gestoßen sei, würden die Landeskirche, die Gemeinden und Kirchenkreise ermutigt, sich auf den Weg hin zu einer Kirche des gerechten Friedens zu machen. 

In Bonn standen Wahlen auf dem Programm. Hier wurde Dr. Horst Sebastian als neuer Vertreter der Freikirchen in den EAK-Vorstand gewählt. Er ist Nachfolger von Holger Teubert, der Jahrzehnte lang in der EAK mitwirkte und der in Bonn verabschiedet wurde. Holger Teubert und nun Horst Sebastian, sie stehen dafür, dass nicht nur die landeskirchliche Friedensarbeit Beachtung findet, sondern dass auch die Freikirchen hier eine wichtige Stimme haben, die Aufmerksamkeit verdient.

Bonn, das war für die Teilnehmer der EAK-Tagung neben diesen Themen aber in anderer Hinsicht ein besonderes Erlebnis. EAK-Geschäftsführer Wolfgang Burggraf und Wahl-Bonner seit vielen Jahrzehnten hatte die EAK-Mitglieder zu einem ungewöhnlichen, aber auch sehr spannenden Spaziergang durch die Altstadt der früheren Bundeshauptstadt während der beginnenden Kirschblüte eingeladen. Zu Orten, die für ein Engagement für Frieden und Gerechtigkeit in Bonn stehen, aber auch zu Spuren des Krieges. 

Denn Bonn, das steht auch für eine Militärgeschichte. Gegenüber des Tagungshauses im Norden Bonns findet sich das Bundesinnenministerium, immer noch als ein historischer Kasernenbau erkennbar. Hier in diesem Bereich befand sich einmal ein römisches Militärlager, die erste Siedlung des heutigen Bonns am Rhein, mit einem Pendant auf dem anderen Rheinufer zum Schutz der Rheinfurt. Es zeigt die militärischen Wurzeln der späteren bundesdeutschen Hauptstadt.

Nachdem die Römer dieses Castell aufgegeben hatten, entstand in unmittelbarer Nähe die erste christliche Kirche, die Dietkirche, deren Grundmauern heute auf einem Platz in der Nordstadt, die eigentlich die Bonner Altstadt ist als ältester Stadtteil, noch zu sehen sind und die ein eindrucksvolles Zeugnis früher christlicher Präsenz in dieser Region darstellen. Hier sind viele Wurzeln von Bonn zu finden, was Besucher wohl eher in der heute bekannten Altstadt vermuten.

Denn die Stadtmitte verlagerte sich später in die heute so genannte Altstadt. Und gerade hier zeigen sich bis heute Spuren des Zweiten Weltkriegs. Bonn lag, da hier keine militärischen Anlagen waren, in den ersten Jahren des Krieges nicht im Blickpunkt alliierter Bombenangriffe. Die Stadt war daher auch noch fünf Jahre nach Kriegsbeginn weitgehend unversehrt. Dies sollte sich am 18. Oktober 1944 ändern. Mittels eines durch Radar gestützten Navigationsverfahrens konnte die Royal Air Force präzise Tagangriffe fliegen, und auch durch Wolken ihr Ziel treffen. Um die Angriffswirkung dieser Weiterentwicklung zu testen, wurde Bonn als Ziel auserwählt, als eine der noch weitgehend unzerstörten größeren deutschen Städte. Es war ein Todesurteil für große Teile der Stadt.

Die Bomben vernichteten die Bonner Altstadt, das Areal zwischen Zweite Fährgasse, Wachsbleiche und Bahnlinie. Zahlreiche historische Gebäude wurden zerstört. Die Spuren lassen sich bis heute erkennen: Die weiterhin bestehende alte Bausubstanz im nicht angegriffenen Teil Bonns wie auch die durch den Wiederaufbau veränderte Altstadt. Die EAK-Mitglieder spazierten bei ihrem Gang durch alte Straßen mit beeindruckenden Jugendstilbauten, während nur wenige Meter weiter nach dem Krieg neue Bauten der Stadt ein neues Bild gaben. 

Als Universitäts-, vor allem aber auch als ehemalige Bundeshauptstadt, hatte Bonn immer schon eine Bedeutung für Protestgruppen. Die Buchhandlung Le Sabot gehört dazu. 1989 gegründet, um Inhalte linker Politik nach außen zu tragen. Ein Kollektiv mit basisdemokratischen Entscheidungen, einem breiten Angebot an linker Alternativ-Literatur, aber auch ein Ort für Veranstaltungen von Gruppen, die sonst nicht so einfach einen Raum in Bonn finden. Le Sabot, gewollt französisch anmutend, doch Ausdruck für „LEsen als SABOTage“, und dies alle Tage. Schon seit 30 Jahren. Und für ein eher kirchenkritisches Kollektiv wie Le Sabot sicher auch ein Erlebnis, mal so viele Pfarrerinnen und Pfarrer im Laden zu haben.

Raum für Gruppen und Aktivisten, dafür steht auch das Oscar-Romero-Haus. Selbstverwaltet, mit Platz für Aktionsplanung, als Mittelpunkt mehrerer bunter Netzwerke und Zentrum von Basisgemeinden. Hier wurde die Heinrich-Böll-Stiftung gegründet, hier hatte die Initiative Kirche von unten ihren Sitz, hier wurden die großen Bonner Friedensdemonstrationen geplant, und hier finden auch heute noch Vorbereitungen und Gedankenspiele für politisches Engagement in vielfältiger Weise statt. 

„Es tut gut, Bonn einmal von seiner anderen Seite zu sehen und zu entdecken, von einer alten, historischen Kirche hin zu einem Basis-Buchladen und dem Romero-Haus. Das holt uns auch ein Stück herunter auf die Erde, hinein in die Realität außerhalb des gewohnten Umfeldes“, freute sich Detlev Besier, Vorstandsmitglied der EAK. Und es zeigte: Bonn hat auch neben den bekannten Stätten wie Hofgarten, ehemaliges Regierungsviertel und Marktplatz viele Orte, deren Entdeckung sich lohnt und die eindrücklich sind.

Zu den vielfältigen Eindrücken für die EAK-Mitglieder trugen sicher aber auch die zwischen den einzelnen Stationen geführten Gespräche über friedensethische Fragen, die derzeit in den Landeskirchen anstehen, ein gutes Stück bei. Es war somit Erfahrungsaustausch untereinander, aber auch mit anderen. Gegenseitig bereichernd und anregend.

Und am Schluss stand dann der letzte deutsche Kaiser, der in Bonn wie so viele Hohenzollern studierte und deshalb auch in Jugendjahren in der Stadt wohnte, im Blickpunkt. Seine Studentenwohnung liegt in unmittelbarer Nachbarschaft zur heutigen Geschäftsstelle der evangelischen Friedensarbeit in Bonn. Und EAK-Geschäftsführer Wolfgang Burggraf genießt es, von seinem Bürofenster aus immer auch einen Blick auf und in die damalige kaiserliche Studentenwohnung zu haben. Eine Station als ein wahrlich krönender Abschluss eines Spazierwegs vom römischen Kastell hin zum letzten gekrönten deutschen Staatsoberhaupt. Ein außergewöhnlicher, ein eindrücklicher und ein spannender Spaziergang durch eine beachtenswerte Stadt, in der schließlich auch die evangelische Friedensarbeit ihren Platz hat.