UN-Topdiplomaten "erschüttert und verstört" über Gewalt in Syrien

Genf (epd). Unmittelbar vor neuen Beratungen des UN-Sicherheitsrats über eine Feuerpause in Syrien haben drei Spitzendiplomaten der Vereinten Nationen die völlige Missachtung der Zivilbevölkerung in Ost-Ghuta und anderen Landesteilen angeprangert. "Wir sind angesichts der Brutalität erschüttert und verstört", heißt es in einem gemeinsamen Statement, das am Freitag in Genf veröffentlicht wurde. Es ist unterzeichnet vom UN-Hochkommissar für Flüchtlinge, Filippo Grandi, dem humanitären Koordinator Mark Lowcock und dem Chef des UN-Entwicklungsprogramms, Achim Steiner.

Nachdem eine Einigung im Sicherheitsrat am Donnerstag am Widerstand Russlands gescheitert war, wollten die 15 Mitgliedsländer am Freitag um 17 Uhr (11 Uhr Ortszeit) in New York erneut zusammenkommen. Das teilte die kuwaitische Vertretung bei den UN über den Kurznachrichtendienst Twitter mit. Kuwait hat derzeit den Vorsitz im Sicherheitsrat inne. Es blieb ungewiss, wie Russland sich zu einen neuen Entwurf einer Resolution über eine 30-tägige Waffenruhe verhalten würde.

Die Bundesregierung kritisierte Russlands Haltung zu Syrien am Donnerstag scharf. Russland stelle sich damit einmal mehr selbst bei schlimmsten Völkerrechtsverletzungen schützend vor das Regime von Herrscher Baschar al-Assad, erklärte das Auswärtige Amt.

Der Landesdirektor für Syrien des Welternährungsprogramms, Jakob Kern, erklärte, die Blockade im UN-Sicherheitsrat habe schon vielen Menschen das Leben gekostet. Für die etwa 400.000 Menschen, die in Ost-Ghuta eingekesselt seien, gehe es nur noch ums Überleben. Dass es nicht zu einer Feuerpause komme, sei sehr frustrierend. "Vor allem, dass es seit Monaten nicht passiert", sagte Kern dem Deutschlandfunk.

Auch der UN-Sondergesandte für Syrien, Staffan de Mistura, forderte eindringlich eine Waffenruhe. Dies betreffe sowohl die schweren Bombardements auf die belagerte Enklave Ost-Ghuta als auch den wahllosen Beschuss mit Mörsergranaten auf die syrische Hauptstadt Damaskus, zitierte eine UN-Sprecherin am Freitag in Genf den Sondergesandten. Er rief beide Seiten auf, zur Deeskalation der Lage beizutragen. Es dürfe kein zweites Aleppo geben.

Die UN-Spitzendiplomaten Grandi, Lowcock und Steiner forderten ungehinderten Zugang für humanitäre Helfer in die umkämpften Gebiete in Syrien. Kranke und Verletzte müssten umgehend evakuiert und Zivilisten der Abzug durch einen humanitären Korridor ermöglicht werden. Zugleich riefen sie zu mehr Unterstützung für Flüchtlinge auf. Sechs Millionen Syrer sind im eigenen Land auf der Flucht, 5,5 Millionen im Ausland.

Das Deutsche Rote Kreuz beklagte, dass auch Helfer in Syrien immer wieder unter Beschuss geraten und Krankenwagen zerstört werden. Ein Rehabilitationszentrum, das von Handicap International unterstützt wird, wurde laut der Organisation durch die Bombenangriffe komplett zerstört. Auch ein Krankenwagen, der ein Kind transportierte, sei getroffen worden. Ein Arzt und eine Krankenschwester wurden dabei getötet.

In Syrien kämpfen das Assad-Regime, Rebellen und Terrormilizen um die Macht. Neben Russland stehen iranische und andere Milizen auf der Seite Assads. Ferner geht die Türkei gegen kurdische Verbände vor, die wiederum von den USA unterstützt werden. Seit 2011 wurden Hunderttausende Menschen getötet.