Oberkirchenrätin: Klimawandel ist auch Aufgabe für Kirche

Karlsruhe/Freiburg (epd). Die Kirche muss sich der badischen Oberkirchenrätin Karen Hinrichs zufolge auch an der Bewältigung der großen Herausforderungen der Gegenwart beteiligen. "Ich habe meine Mitwirkung in der Kirchenleitung immer als einen Dienst am großen Ganzen verstanden", sagte die Theologin der Evangelischen Landeskirche in Baden im Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst (epd), die an diesem Freitag verabschiedet wird. Kirche sei Teil der Zivilgesellschaft und von den gleichen Veränderungen und Herausforderungen betroffen wie alle. 

Dazu gehörten die Folgen des Klimawandels, soziale Spannungen und Migrationsbewegungen. Aber auch demografischer Wandel, Sorge um Demokratie, Armut und Kriege. Von letzterem seien vor allem Partnerkirchen der badischen Landeskirche betroffen. Hinrichs erklärte, dass auch die Kirchen keine Patentrezepte hätten um die Herausforderungen der Gegenwart zu lösen. "Aber wir versuchen, auf allen Ebenen dazu beizutragen, dass die christlichen Werte wie Nächstenliebe und Solidarität gelebt und vermittelt werden", betonte sie. Dies geschehe etwa im Rahmen der kirchlichen Bildungsarbeit und der diakonischen Arbeit, aber auch durch die zahlreichen Menschen, die sich in Gemeinden und Initiativen engagieren. 

Hinrichs wird als Teil der Kirchenleitung der badischen Landeskirche verabschiedet. Seit 2004 leitete sie den Bereich Grundsatzplanung und Öffentlichkeitsarbeit im Evangelischen Oberkirchenrat in Karlsruhe. Ab Januar 2020 wird sie die theologisch-pädagogische Leitung des neuen Friedensinstitutes an der Evangelischen Hochschule in Freiburg übernehmen. Durch das Institut sollten praxisbezogene Lehrangebote der pädagogischen und sozialwissenschaftlichen Studiengänge ergänzt werden, etwa im Bereich der Konfliktbearbeitung und Gewaltprävention. Darüber hinaus geht es laut Hinrichs um interdisziplinäre Forschungsvorhaben zu Frieden und nachhaltiger Entwicklung.

Das Interview im Wortlaut:

epd: Sie waren 15 Jahre lang Teil der Kirchenleitung der Evangelischen Landeskirche in Baden. Worauf schauen Sie gerne zurück? 

Hinrichs: Auf die gute Zusammenarbeit mit allen anderen Leitungspersonen in der Kirche, in der Landessynode und im Evangelischen Oberkirchenrat. Gemeinsam mit ihnen und den beiden Landesbischöfen Ulrich Fischer und Jochen Cornelius-Bundschuh habe ich meine Mitwirkung in der Kirchenleitung immer als einen Dienst am großen Ganzen verstanden. Also, als einen Beitrag dazu, dass das Evangelium in verständlicher und lebensnaher Weise vermittelt wird und unsere Landeskirche sich der großen Herausforderungen der Gegenwart annimmt. 

epd: Welche Herausforderungen sind das? 

Hinrichs: Kirche ist ein Teil der Zivilgesellschaft und im Prinzip von den gleichen Veränderungen und Herausforderungen betroffen wie alle. Da sind die globalen Probleme, wie die Folgen des Klimawandels, oder die sozialen Spannungen und die Migrationsbewegungen. Von gewaltsamen Konflikten, Kriegen und Armut sind viele Menschen in unseren Partnerkirchen betroffen. Und es gibt Herausforderungen von nationaler oder regionaler Art, wie die demografischen Veränderungen in Stadt und Land, Armut auch bei uns oder die Sorge um die Demokratie. 

epd: Was kann Kirche tun, um die Welt zu verbessern? 

Hinrichs: Wir haben keine Patentrezepte. Aber wir versuchen, auf allen Ebenen dazu beizutragen, dass die christlichen Werte wie Nächstenliebe und Solidarität gelebt und vermittelt werden. Die kirchliche Bildungsarbeit und die diakonische Arbeit tragen in meinen Augen sehr viel dazu bei, den gesellschaftlichen Zusammenhalt zu fördern und diese Welt ein wenig besser zu machen. Es engagieren sich so viele wunderbare Menschen in Gemeinden und Initiativen! Und ohne die kirchlichen Hilfswerke wie Brot für die Welt sehe die Welt echt schlechter aus. 

epd: Sie waren als Referatsleitung für die Organisationsentwicklung und die Öffentlichkeitsarbeit der Landeskirche verantwortlich. Was waren die wichtigsten Meilensteine Ihrer Arbeit? 

Hinrichs: Die Öffentlichkeits- und Medienarbeit der Landeskirche wird seit zehn Jahren im Zentrum für Kommunikation koordiniert, das hat sich sehr bewährt. Auch auf die Arbeit der Gemeindeberatung und die theologische und moderierende Begleitung von vielen Veränderungsprozessen in den Kirchengemeinden und Bezirken habe ich sehr oft positive Rückmeldungen bekommen. Durch den Kirchenkompass konnten viele gute Projekte in Gemeinden und Bezirken angestoßen und gefördert werden. Auf die Erfindung des Kirchenkompass' und den dazugehörigen Fonds bin ich wirklich ein bisschen stolz. Und ich freue mich, dass unsere Landeskirche sich seit vielen Jahren so konkret um Frieden, Gerechtigkeit und die Bewahrung der Schöpfung kümmert und in dieser Hinsicht viel auf den Weg gebracht hat. 

epd: Sie werden ab Januar 2020 die Leitung eines neuen Friedensinstituts an der Evangelischen Hochschule in Freiburg übernehmen. Was sind die Ziele und Aufgaben des Instituts?

Hinrichs: Die Evangelische Hochschule Freiburg bildet Menschen in verschiedenen pädagogischen und sozialwissenschaftlichen Studiengängen aus. In ihren künftigen Berufsfeldern sind sie wichtige Vermittlungspersonen in Konflikten im Sozialraum, in Schulen und Gemeinden. Hier soll das neue Institut die bestehenden praxisbezogenen Lehrangebote ergänzen, etwa im Bereich der Konfliktbearbeitung und der Gewaltprävention. Darüber hinaus geht es um interdisziplinäre Forschungsvorhaben zu Frieden und nachhaltiger Entwicklung, an denen sich verschiedene Fachbereiche der Hochschule beteiligen werden. Außerdem sollen Fort- und Weiterbildungsangebote entwickelt werden, die allen Interessierten offen stehen. 

epd: Sie sind Pädagogin und Theologin und in der Friedensarbeit engagiert. Aber Sie wechseln in einen ganz anderen Arbeitsbereich. Wie bereiten Sie sich auf Ihre neue Aufgabe vor? 

Hinrichs: Ich werde zunächst für drei Monate wieder zur Studentin, das finde ich wunderbar. In den USA gibt es schon seit langer Zeit vergleichbare Friedensinstitute, deren Angebot ich genauer kennenlernen möchte. Darum fliege ich in wenigen Tagen nach Chicago. Auf diesen Studienaufenthalt freue ich mich sehr. Im Anschluss will ich dann versuchen, auch die Kontakte zu anderen Instituten und Hochschulen im deutschsprachigen Bereich zu vertiefen.  

epd: Wie geht es in ihrem Privatleben weiter? Werden Sie im nach Freiburg umziehen?   

Hinrichs: Mein Mann ist mit Leib und Seele Gemeindepfarrer in Bretten, darum werden wir bis zu seinem Ruhestand dort wohnen bleiben. Unter der Woche werde ich aber in Freiburg wohnen. Nach 35 Ehejahren probieren wir mal das Modell Wochenendehe aus, das hat ja auch was.