Nach Resolution des Sicherheitsrats nachlassende Kämpfe in Ost-Ghuta

Genf/New York/Damaskus/Berlin (epd). Nach dem einstimmigen Aufruf des Sicherheitsrats zu einer Waffenruhe in Syrien haben die Kämpfe im belagerten Ost-Ghuta am Sonntag nachgelassen. Die syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte sprach von der ruhigsten Nacht seit Beginn der Dauerbombardements vor einer Woche. Dennoch flog die syrische Luftwaffe am Sonntag zwei Angriffe auf eine Siedlung in Ost-Ghuta. Rebellen schossen von Ost-Ghuta aus Mörsergranaten auf die Hauptstadt Damaskus. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) forderte die zügige und vollständige Umsetzung der Waffenruhe.

Dafür habe sich in einem Telefonat auch Frankreichs Präsident Emmanuel Macron ausgesprochen, erklärte Regierungssprecher Steffen Seibert am Sonntag in Berlin. Gemeinsam hätten sie Russlands Präsident Wladimir Putin aufgefordert, maximalen Druck auf das syrische Regime auszuüben, um eine sofortige Einstellung der Luftangriffe und Kämpfe zu erreichen. Wie Merkel und Macron habe auch Putin die am Samstag vereinbarte 30-tägige Waffenruhe begrüßt.

Der UN-Sicherheitsrat hatte sich am Samstagabend nach tagelangem Streit auf eine Resolution verständigt, die eine umgehende Waffenruhe in Syrien vorsieht. In ihr fordert das höchste UN-Gremium ein sofortiges Ende aller Kämpfe sowie die Aufhebung aller Blockaden, unter anderem in Ost-Ghuta. Humanitäre Helfer und Ärzte sollen vollständigen Zugang bekommen, um Notleidende zu versorgen und Verletzte zu behandeln.

Umstritten ist, wie genau die Umsetzung von Resolution 2401 aussehen soll. Russlands UN-Botschafter Wassili Nebenzia erklärte unmittelbar nach der Abstimmung, die Waffenruhe müsse nun zwischen den kämpfenden Gruppen ausgehandelt werden. Mit einem sofortigen Inkrafttreten, wie es die anderen im Sicherheitsrat vertretenen Nationen forderten, sei daher nicht zu rechnen. Zudem seien Angriffe gegen Terrorgruppen von der Waffenruhe ausdrücklich ausgenommen, so Nebenzia.

Die amerikanische UN-Botschafterin Nikki Haley warf Russland vor, die Verhandlungen vorsätzlich behindert zu haben. Zugleich meldete sie Zweifel an, ob Syriens Regierung sich an die Waffenruhe halten werde. Kuwait und Schweden hatten die Resolution gemeinsam eingebracht.

Das Auswärtige Amt appellierte an alle Kriegsparteien, alle Feindseligkeiten einzustellen, um sofort ungehinderte Lieferungen humanitärer Hilfe zu ermöglichen. Schwerkranke, Verwundete und besonders Schutzbedürftige wie Kinder müssten dringend evakuiert werden. Die Feuerpause müsse zudem genutzt werden, um Fortschritte bei den Genfer Friedensgesprächen zu erzielen. Ähnlich äußerte sich ein Sprecher der CDU/CSU-Fraktion im Bundestag.

Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International warnte, die lange Liste von Ausnahmen in der Resolution mache es Kriegsparteien einfach, ihre willkürlichen Angriffe auf zivile Ziele fortzusetzen. Zugleich betonte sie, unabhängig von der Resolution seien alle Kriegsparteien an humanitäres Völkerrecht gebunden, das etwa Angriffe auf zivile Ziele untersage.

Die syrische Opposition forderte den Sicherheitsrat auf, Sanktionen für den Fall von Verstößen gegen die Waffenruhe zu beschließen. Andernfalls werde das Assad-Regime seine Angriffe fortsetzen, warnte die in Saudi-Arabien sitzende syrische Verhandlungsgruppe. Da der beschlossenen Resolution jedes Druckmittel fehle, müssten im Zweifelfall individuelle Staaten bereit sein, die Waffenruhe durchzusetzen, hieß es weiter.

In Ost-Ghuta sind etwa 400.000 Menschen von der syrischen Armee eingekesselt. Bei den massiven Bombardements sind in den vergangenen sieben Tagen nach Angaben der syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte mindestens 520 Bewohner getötet und mehr als 2.500 verletzt worden.

In der nordsyrischen Stadt Afrin wurde nach Informationen der Organisation am Sonntag weiter gekämpft. Die türkische Armee habe ihren Angriff auf die von kurdischen Milizen und loyalen Kräften des Assad-Regimes verteidigte Stadt ungeachtet der Resolution fortgesetzt.

In Syrien kämpfen das Assad-Regime, Rebellen und Terrormilizen um die Macht. Neben Russland stehen iranische und andere Milizen auf der Seite Assads. Ferner geht die Türkei gegen kurdische Verbände vor. Seit 2011 wurden Hunderttausende Menschen getötet. Sechs Millionen Syrer sind im eigenen Land auf der Flucht, 5,5 Millionen im Ausland.