Menschenrechtskommission: Mehr als 100 Tote bei Unruhen in Äthiopien

Frankfurt a.M./Addis Abeba (epd). Bei Unruhen nach dem Tod des beliebten Sängers Hachalu Hundessa sind in Äthiopien in den vergangenen Monaten 123 Menschen getötet, mindestens 500 verletzt und Tausende vertrieben worden. Staatliche Sicherheitskräfte seien für rund zwei Drittel der Todesopfer verantwortlich, heißt es in einem am Freitag veröffentlichten Bericht der unabhängigen äthiopischen Menschenrechtskommission. Auslöser der Unruhen war die Ermordung des politisch engagierten Sängers Hundessa am 29. Juni in der Hauptstadt Addis Abeba, deren Umstände noch immer nicht vollständig geklärt sind.

Bei den Angriffen seien im Sommer große Menschengruppen an verschiedenen Orten durch die Straßen gezogen und hätten sich gegenseitig mit Messern, Äxten und brennenden Gegenständen angegriffen, hieß es. Schätzungen von Medien waren bisher von rund 160 Toten ausgegangen. Die Schwere und die weit verbreitete Art der Gewalt stelle ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit dar, erklärte die Menschenrechtskommission. Der Einsatz von Gewalt durch die Sicherheitskräfte sei an vielen Orten unverhältnismäßig gewesen und müsse von der Staatsanwaltschaft verfolgt werden. Kritiker hatten der Regierung von Ministerpräsident Abiy Ahmed vorgeworfen, die Proteste nach dem Tod Hundessas zu unterdrücken.

Wegen der Unruhen wurden in den vergangenen Monaten bereits 2.000 Menschen angeklagt. Wer für den Tod Hundessas verantwortlich ist, ist jedoch immer noch unklar. Der Sänger unterstützte mit seinen Liedern die Proteste der Oromo-Bevölkerungsgruppe, die sich von der Regierung benachteiligt fühlt. 2018 trugen die Proteste zum Sturz der Regierung von Ministerpräsident Hailemariam Desalegn bei. Obwohl der seither amtierende Ministerpräsident Abiy selbst Oromo ist, werfen ihm die Angehörigen der größten Ethnie im Vielvölkerstaat Äthiopien weiterhin Benachteiligung vor.