Käßmann gegen Waffenlieferungen an Israel

Hamburg (epd). Die Theologin Margot Käßmann hat sich gegen deutsche Waffenlieferungen nach Israel ausgesprochen. Sie sei überzeugt, „dass Deutschland gut daran tut, aus unserem Land keine Waffen in Krisen- und Kriegsgebiete zu liefern“, sagte die frühere Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) am Mittwoch dem Portal „evangelische-zeitung.de“. Deutschland habe entschieden, an der Seite Israels zu stehen, dennoch müsse es auch in Zeiten ständiger Eskalation „noch Stimmen geben, die auf Mäßigung, Frieden und Versöhnung hinwirken“, sagte Käßmann.

Zugleich erwartet Käßmann von den Kirchen eine klare Position gegen Antisemitismus und Antijudaismus. „Jesus war Jude. Wir sind verpflichtet, als Christinnen und Christen gemeinsam mit Jüdinnen und Juden, für ihre Religionsfreiheit, die Freiheit ihres Lebens einzutreten“, sagte die Theologin. Jeder Mensch in Deutschland müsse dem Hass auf Israel entgegentreten, „in der Schule, am Arbeitsplatz, auf der Straße, in den Medien und auch in den sogenannten sozialen Netzwerken“. Das Ausmaß des Hasses habe sie „zutiefst schockiert“, sagte Käßmann.

Jerusalemer Abt: Christen haben keine Vermittlerrolle in Israel

Die christliche Minderheit in Israel kann im Konflikt mit den Palästinensern nach Auffassung des Jerusalemer Abts Nikodemus Schnabel keine Vermittlerposition einnehmen. „Wir Christen machen nur ein Prozent der Bevölkerung aus. Darüber hinaus sind wir noch in viele verschiedene Konfessionen aufgeteilt und übers ganze Land verteilt“, sagte Schnabel im Interview mit der „Zeit“-Beilage „Christ und Welt“ (Donnerstag).

Christen arbeiteten auf Feldern und in Kibbuzim, unter anderem auch in denen, die durch die Angriffe der Terrororganisation Hamas verwüstet wurden. Sie lebten aber auch in den palästinensischen Gebieten wie in Gaza. Vier katholische Familien hätten dort etwa gerade ihre Häuser durch Bombenangriffe verloren, die die israelische Armee als Vergeltung für die Angriffe der Hamas ausgeführt hat.

Als gläubiger Christ habe er nicht nur die politische Seite, sondern auch die Menschen im Blick. „Auf beiden Seiten werden Unschuldige hineingezogen in einen Konflikt, den sie nicht verursacht haben“, sagte Schnabel, der als Abt die Dormitio-Abtei auf dem Zionsberg in Jerusalem leitet.

Unter den örtlichen Politikern sehe er gerade, was die deeskalierende Kommunikation betreffe, nur „totales Versagen“ und „sogar verbale Dehumanisierung“ der jeweils anderen Seite. Zum Glück gebe es aber auch auf beiden Seiten wunderbare Menschen, die selbst jetzt noch Quellen der Hoffnung seien, sagte der deutsche Benediktinermönch. Rache sei keine zukunftsträchtige Antwort.

Schnabel sagte, der Konflikt zwischen Israelis und Palästinensern sei kein religiöser Konflikt. Das Problem dieser Region sei nicht, dass Religion sich politisiert hat, sondern dass sich Politik religionisiert. „Wäre die Hamas ehrlich, müsste sie zugeben: Uns geht es um Geld, Macht und einen ideologischen Terrorstaat. Kaum anders bei den nationalreligiösen radikalen Juden: Wenn jüdische Nationalisten in unserem Kloster am Sabbat die Fensterscheiben einwerfen, kann ich ihnen nur sagen, dass es für gläubige Juden nichts Schlimmeres gibt, als eine derartige Entweihung des Feiertags“, sagte Schnabel. „Hier bekriegen sich Religions-Hooligans, sie unterscheiden sich nur im Trikot.“

Bethlehemer Pfarrer: Deutschland soll sich für Frieden einsetzen

Der lutherische Pastor Mitri Raheb aus Bethlehem hat die internationale Gemeinschaft aufgefordert, für eine friedliche Lösung zwischen Israelis und Palästinensern einzutreten. Die Menschen im palästinensischen Gaza-Streifen wüssten nicht, ob sie den nächsten Tag überleben werden, sagte der palästinensische Christ, der 2008 mit dem Aachener Friedenspreis ausgezeichnet wurde, am Dienstag im Radiosender WDR5. Es sei jetzt wichtig, dass sich die internationale Gemeinschaft nicht nur für humanitäre Hilfe, sondern für eine friedliche Lösung einsetze.

„Es klingt fast absurd, dass man jetzt an Verständigung denkt“, sagte Raheb, der Gründer eines internationalen Begegnungszentrums sowie der Dar al-Kalima-Universität in Bethlehem ist. Jetzt sei aber die Zeit dafür: „Israel muss verstanden haben, dass Sicherheit nicht durch Waffen allein kommt, sondern nur durch eine friedliche Lösung mit den Palästinensern.“ Auch die Palästinenser hätten verstanden, dass es so nicht weitergehe. „Ich hoffe, dass sich Deutschland dafür einsetzt, und nicht für eine einseitige Unterstützung Israels.“

Raheb, der auch Pfarrer der Bethlehemer Weihnachtskirche im Westjordanland ist, zeigte sich besorgt über die Lage der Menschen in Gaza und kritisierte das israelische Vorgehen scharf: Dass es im Gaza-Streifen kein Wasser und kaum Essen oder Medikamente gebe, „das grenzt an Genozid“, sagte er. Die Leiterin eines zur Bethlehemer Universität gehörenden Zentrums in Gaza lebe in einem Viertel, das am Montag „von Israel dem Erdboden gleich gemacht“ worden sein. Eine junge Künstlerin sei mit ihren acht Familienmitgliedern durch einen israelischen Angriff auf ihr Haus im Süden Gazas getötet worden.

In Gaza gebe es rund tausend Christen, berichtete Raheb. Etwa 800 von ihnen seien in die katholische Kirche geflüchtet, 100 in die orthodoxe Kirche. Ein Christ dort habe ihm berichtet, dass sie nur wenig zu essen hätten, ab Mittwoch werde es wohl nicht einmal mehr Brot geben. Die Menschen sagten dort, der Mensch lebe nicht vom Brot allein, obwohl ihre Lage so schwierig sei. Durch das israelische Bombardement würden viele kleine Kinder und Frauen traumatisiert.

Vor mehr als einer Woche hatte die radikal-islamische Hamas, die den Gaza-Streifen beherrscht, mit Raketen und Terrorkommandos Israel angegriffen. Dabei tötete sie Hunderte Zivilisten. Israel reagierte mit dem Beschuss Gazas und der Abriegelung des Gebiets, in dem rund 2,3 Millionen Menschen leben.

Raheb, der in Hermannsburg und Marburg evangelische Theologie studierte, ist seit 1988 Pfarrer an der Weihnachtskirche in Bethlehem. Auf dem Gelände der Kirche richtete er auch ein internationales Kultur- und Konferenzzentrum ein. Für seine Friedensarbeit wurde er 2008 mit dem Aachener Friedenspreis ausgezeichnet.