"Ich setze auf die Macht des Gesprächs"

Eine gute Gesprächskultur ist für die badische Landesbischöfin Heike Springhart der Schlüssel zur Lösung vieler Konflikte. Ihrer Erfahrung zufolge gilt das auf internationaler Ebene ebenso wie vor Ort in Kirchengemeinden.

Karlsruhe (epd). Man muss miteinander reden und den Frieden als Ziel haben. Diese Überzeugung äußerte die badische Landesbischöfin Heike Springhart am Montag in Karlsruhe in einem Gespräch nach 100 Tagen im Amt. Herausfordernde Probleme in Kirche und Gesellschaft ließen sich nicht „weglächeln“. Sie brauchten vielmehr gute Kommunikation, um Lösungen zu finden.

In der 11. Vollversammlung des Ökumenischen Rates der Kirchen (ÖRK), die von 31. August bis 8. September in Karlsruhe stattfinden wird, sehe sie eine Hoffnung sowohl angesichts des Kriegs in der Ukraine als auch der gespannten Lage im Nahen Osten. Sie setze auf die Macht des Gesprächs, sagte die Bischöfin. Nicht nur Kirchenvertreter aus Russland und der Ukraine könnten sich dann zusammenfinden. Es könne auch generell über ein Friedenskonzept gesprochen werden. Sie hoffe auf eine gute Gesprächskultur in Karlsruhe.

Um sich über die Situation im Nahen Osten zu informieren, sei sie bewusst innerhalb ihrer ersten 100 Amtstage ins Heilige Land gereist und habe dort das Gespräch mit jüdischen Menschen und palästinensischen Christen gesucht und mit dem dortigen lutherischen Bischof. Die Situation vor Ort sei nach Aussagen ihrer Gesprächspartnerinnen und Gesprächspartner „schwieriger denn je“, sagte die Bischöfin. Sicher sei: „Wir hier werden den Nahostkonflikt nicht lösen.“

Wenn sich die Vollversammlung äußern wolle, sei hohe Sensibilität nötig, sagte Springhart. Es brauche eine doppelte Solidarität. Klar müsse sein, dass es keinen Platz für Antisemitismus gebe. Es müsse aber Kritik am staatlichen Handeln gegenüber Palästinensern in Israel möglich sein. Auf Nachfrage sagte Springhart, sie unterscheide zwischen christlichen Palästinenserinnen und Palästinensern, die Solidarität brauchten, und der palästinensischen Organisation Hamas, die gewalttätig sei sowohl gegen Juden als auch gegen ihr nicht angehörende Palästinenser.

Aktuelle Problemlagen hierzulande wie Mitgliederschwund, soziale Gerechtigkeit oder dass Menschen von sexualisierter Gewalt auch in Kirche und Diakonie betroffen sind, will Springhart mutig angehen. Sie setze auf die dem Christentum innewohnende grundlegende Hoffnung, sagte sie. „Wo wenn nicht bei uns“ sollten beispielsweise Menschen, die Missbrauch erlebt haben, mit ihrer schweren Geschichte wahrgenommen werden. Sie kündigte an, dass die geplante Aufarbeitungskommission der Südkirchen Bayern, Baden, Württemberg und Pfalz einen Schwerpunkt legen wolle auf die Bedürfnisse der Betroffenen und auf die Unabhängigkeit von beteiligten Expertinnen und Experten.

Dass die Kirche heute nicht mehr selbstverständlich zum Lebensalltag der Menschen gehöre, sondern sich erklären müsse, betrachte sie als Chance, sagte Springhart. Sie sehe beispielsweise Bedarf für „Kasualagenturen“, an die sich Menschen wenden können, die ein Kind taufen lassen oder sich kirchlich trauen lassen wollen, aber nicht wissen, welche Gemeinde für sie zuständig ist.

Menschen hörten durchaus zu, wenn theologisch gut begründet „in unverstellter Sprache gesagt wird, was zu sagen ist“. Eine gute theologische Ausbildung vermittle diese Fähigkeit heute an Pfarrerinnen und Pfarrer und weitere kirchlich Mitarbeitende, auch wenn es keine spezielle „Ausbildungsstätte für frische Sprache“ gebe, meinte die Bischöfin. Auch von der ÖRK-Vollversammlung erhoffe sie sich dazu Impulse bis hinein in die Gemeinden vor Ort.