Forscher: Europäische Waffenimporte bereits vor Ukraine-Invasion hoch

Frankfurt a.M./Stockholm (epd). Der weltweite Waffenhandel ist zuletzt etwas zurückgegangen, bleibt aber insgesamt auf sehr hohem Niveau. Der Handelsumfang ging im Zeitraum von 2017 bis 2021 um 4,6 Prozent zurück im Vergleich zu den fünf Jahren davor, wie das Friedensforschungsinstitut Sipri in Stockholm am Montag bekannt gab. Verglichen mit den Jahren 2007 bis 2011 ergibt sich demnach allerdings ein Plus von 3,9 Prozent.

Bereits vor dem russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine beobachteten die Stockholmer Friedensforscher einen Trend für zunehmende Rüstungsimporte nach Europa. Demnach stiegen die dortigen Einfuhren zwischen 2017 und 2021 um 19 Prozent im Vergleich zu den fünf Jahren davor - das war im Schnitt der höchste Zuwachs weltweit. Die massive Verschlechterung der Beziehungen zwischen den meisten europäischen Staaten und Russland sei zumindest teilweise ein Antrieb für den Waffenankauf gewesen, heißt es in dem Bericht.

Die USA und Frankreich steigerten ihre Rüstungsexporte beträchtlich, während China, Russland und Deutschland weniger Waffen ins Ausland verkauften. Trotzdem gehören die drei Länder weiter zu den weltweit größten Waffenexporteuren. Mit einem Weltmarktanteil von 39 Prozent bleiben die USA klarer Spitzenreiter. Zwischen 2017 und 2021 wuchsen die US-Rüstungsausfuhren um 14 Prozent im Vergleich zum vorherigen Fünfjahreszeitraum. Die deutschen Ausfuhren sanken derweil um 19 Prozent. Mit einem Weltmarktanteil von 4,5 Prozent belegt Deutschland hinter den USA, Russland, Frankreich und China aber dennoch den fünften Platz.

Laut Sipri stehen die „Top 5“ für 77 Prozent aller globalen Rüstungslieferungen der vergangenen fünf Jahre. Hauptabnehmer waren Asien-Ozeanien (mit einem globalen Anteil von 43 Prozent), die Länder im Nahen Osten (32 Prozent) und Europa (13 Prozent). Die fünf größten Waffenimporteure waren Indien, Saudi-Arabien, Ägypten, Australien und China.

Sipri-Forscher Pieter D. Wezeman sieht große regionale Unterschiede. Während beispielsweise Südamerikas Rüstungseinfuhren den niedrigsten Stand seit 50 Jahren erreichten, trügen steigende oder anhaltend hohe Waffenimporte nach Europa, Ostasien, Ozeanien und Nahost zu einer besorgniserregenden Aufrüstung bei. In Europa importierten Großbritannien (ein Plus von 74 Prozent), Norwegen (ein Plus von 343 Prozent) und die Niederlande (plus 116 Prozent) die meisten Waffen.

Die Friedensforscher gehen davon aus, dass weitere europäische Staaten ihre Rüstungsimporte in den kommenden zehn Jahren deutlich steigern werden. Zuletzt habe es umfangreiche Bestellungen für Großwaffen gegeben, vor allem für US-Kampfflugzeuge.

Ukrainische Waffenimporte seien hingegen in den vergangenen fünf Jahren mit einem globalen Umfang von 0,1 Prozent sehr begrenzt gewesen. Die Autorinnen und Autoren führen dies teils auf eingeschränkte finanzielle Ressourcen zurück sowie auf die Tatsache, dass die Ukraine über eigene Kapazitäten für die Rüstungsherstellung sowie Waffenarsenale verfüge. Bis Februar dieses Jahres hätten mehrere der größten waffenexportierenden Staaten Lieferungen in die Ukraine beschränkt, heißt es in dem Bericht. Man habe befürchtet, solche Transfers könnten zur Eskalation beitragen.

Der russische Export brach zwischen 2017 und 2021 um 26 Prozent ein. Die Friedensforscher sehen als Grund vor allem geringere Ausfuhren nach Indien und Vietnam. Dennoch hält Russland als zweitgrößter Waffenexporteur einen Weltmarktanteil von 19 Prozent, gefolgt von Frankreich (elf Prozent) und China (4,6 Prozent).