Expertin: Kirche muss Frieden in der Gesellschaft vorleben

Lindau/Berlin (epd). Die Berliner Friedensexpertin Martina Basso hat die Kirchen dazu aufgerufen, sich auf allen Ebenen für den Frieden einzusetzen. Kirche sei dazu berufen "Friedenskirche" zu sein, sagte die Leiterin des Berliner Friedenszentrums der Mennoniten am Dienstag in einem Vortrag vor der bayerischen evangelischen Landessynode in Lindau. Die Synodalen beschäftigen sich derzeit dort mit dem Schwerpunktthema Frieden.

Kirche müsse in der Gesellschaft den Frieden exemplarisch leben, um so "als Zeichen der Hoffnung inmitten von Gewalt zu zeigen, was Gottes Wille ist: der gerechte Frieden", erläuterte Basso. Gerechter Friede bedeute dabei nicht nur die Abwesenheit von Krieg und Gewalt, betonte Basso. Dazu gehöre auch, Gerechtigkeit in der Gesellschaft durchzusetzen. Damit sei soziale Gerechtigkeit ebenso gemeint wie Rechststaatlichkeit oder die Achtung der Menschenrechte. 

Aufgabe der Kirche sei es überdies, "als Gemeinschaft Frieden und Gewaltfreiheit auf allen Ebenen durchzubuchstabieren", sagte die mennonitische Pastorin. Die Friedensarbeit der Kirche müsse daher das friedliche Miteinander der Menschen ebenso im Blick haben wie die Bewahrung der Schöpfung, ein gerechtes Wirtschaften und den Frieden zwischen den Völkern.

Basso rief die Synodalen dazu auf, beim Thema Frieden "den prophetischen Auftrag der Kirche" nicht zu vergessen. Kirche müsse sich als "ethische Gemeinschaft" verstehen, die Gewaltfreiheit "zeugnis- und zeichenhaft" lebe. Dabei sollte sie auch ihre eigenen Strukturen auf Gewaltfreiheit prüfen und sich im Zweifel fragen: "Müssen wir die Kirche umbauen, wenn wir den Weg des gerechten Friedens gehen wollen?"

Das Mennonitische Friedenszentrum Berlin (MFB) wurde 2005 als Projekt der Vereinigung der Deutschen Mennonitengemeinden (VDM) im Rahmen der Dekade zur Überwindung von Gewalt des Ökumenischen Rats der Kirchen (ÖRK) gegründet. Es hat sich nach eigenen Angaben zur Aufgabe gemacht, zur Friedensbildung in allen Bereichen menschlichen Zusammenlebens beizutragen. Seine Leiterin, Pastorin Martina Basso, ist evangelische Theologin und seit 2016 auch Geschäftsführerin und stellvertretende Vorsitzende der VDM. 

Die Mennoniten gelten als eine der historischen Friedenskirchen, weil sie schon früh gegen jede Form von Krieg und Gewalt ihre Stimme erhoben haben. Die Suche nach Alternativen zu Krieg, Rüstung und militärischer Gewalt sind auch im MFB ein Schwerpunkt der Arbeit. Doch Friedensbildung muss laut MFB auch in Familien, Gemeinden und Kirchen, dem Umgang mit der Umwelt oder bei Regierungen und internationalen Institutionen eine Rolle spielen. Weiterbildung, das Aufbauen von Netzwerken und das Aufzeigen von Beispielen, wie Frieden gelingen kann, sieht es hier als seine Aufgabe.

In Deutschland gibt es derzeit rund 40.000 Mennoniten in etwa 200 Gemeinden. Die Glaubensbewegung entstand Ende des 16. Jahrhunderts. Die evangelische Freikirche ist nach dem niederländisch-friesischen Theologen Menno Simons (um 1496-1561) benannt. Die heutigen Mennoniten sind Nachfahren der Täufer-Bewegung, die auch als "linker Flügel" der Reformation gilt und - auch von anderen Protestanten - grausam verfolgt wurde. Die Täufer setzten sich für radikalere soziale Reformen im Christentum ein als etwa die Reformatoren Luther und Zwingli. Im 19. Jahrhundert wanderten viele Mennoniten aufgrund rechtlicher Beschränkungen und Verfolgungen in die USA und nach Kanada aus.