Erzbischof: Konkurrenz der Religionen verhindern

Nürnberg (epd). Die religiöse Vielfalt ist eines der Charakteristika der heutigen Gesellschaften geworden. Aber ihr fehle eine zusammenfassende Klammer, sagte die Vizepräsidentin des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte in Straßburg, Angelika Nussberger beim "Tag der Religionen" am Donnerstagabend in Nürnberg. Die erforderlichen Regeln für religiöse Vielfalt müssten erstritten werden, sagte die Juristin. Es gebe beispielsweise keine Definition davon, was Religionsausübung sei. 

Besonders an äußerlichen Zeichen würden sich Konflikte entzünden, erinnerte die Juristin an den Streit über das Kopftuch, das Kreuz in öffentlichen Räumen oder an Äußerungen über das, "was anderen heilig ist". Man dürfe nicht alles sagen, unterstrich Nussberger, "aber Religionskritik muss erlaubt sein." Hier sei allerdings wiederum die Suche nach dem rechten Maß sei schwierig, sagte die Richterin.

Der Bamberger Erzbischof Ludwig Schick sagte bei der Veranstaltung, die "Religions for Peace" zusammen mit dem Runden Tisch der Religionen in Deutschland und dem Nürnberger Rat der Religionen veranstaltete, immer mehr Menschen auf der Welt würden sich zu einer Religion bekennen. Im Jahr 2050 würden sich laut Studien 80 Prozent der Weltbevölkerung einer Religion zugehörig fühlen und sich zugleich die Zahl der Glaubensrichtungen und Religionsgemeinschaften vermehren. Dies berge die Gefahr, dass Religionen in Konkurrenz zueinander treten, sich abgrenzen und sich zu profilieren versuchten, sagte Schick. So könnten Konflikte und Kämpfe ausgelöst werden.

Schick rief die Religionen auf, "den zentrifugalen Kräften" entgegenzuwirken, indem sie das Verbindende und Allgemeingültige miteinander suchten. "Religionen sollen Quellen des Friedens sein und dürfen niemals Ursprung von Streit und Kampf werden", sagte der Erzbischof. "Das ist ihre Aufgabe und unsere Chance", sagte Schick an den "Runden Tisch der Religionen" gerichtet. Er solle helfen, das zu finden, "was Religionen im Innersten ausmacht". 

"Begegnung, Begegnung, Begegnung" müssten die Religionen suchen, erklärte der Vorsitzende des Nürnberger Rats der Religionen, der evangelische Stadtdekan Jürgen Körnlein. "Wer Frieden will, muss konkret werden", sagte er. Wer an einem Tisch auf Augenhöhe zusammensitze, müsse sich wahrnehmen. 

Der Runde Tisch der Religionen in Deutschland ist ein Gremium aus Repräsentanten der großen Religionsgemeinschaften. An ihm kommen zweimal jährlich Vertreter der christlichen Kirchen, des Islam, der Juden, der Buddhisten und der Bahái zusammen.