EKD-Ratsvorsitzender warnt vor Spaltung Europas

Frankfurt an der Oder (epd). Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Heinrich Bedford-Strohm, fordert, Spaltungstendenzen in Europa entgegen zu wirken. Auch zwischen Deutschland und Polen drohten alte Ressentiments wiederaufzuleben, warnte der bayerische Landesbischof am Sonntag in einem Gedenkgottesdienst zum 80. Jahrestag des deutschen Überfalls auf Polen in Frankfurt (Oder). Dazu komme "die Geißel des Nationalismus, die so viel Unheil über Europa gebracht hat", sagte Bedford-Strohm in dem vom ZDF übertragenen Gottesdienst in der Frankfurter Friedenskirche. 

In einem Europa, in dem die Spaltungstendenzen überhandzunehmen drohten, müssten wir dafür einstehen, dass der Weg der Versöhnung weitergegangen werde, forderte der EKD-Ratsvorsitzende. "In einem Europa, in dem Bewegungen sich auszubreiten drohten, die Hassbotschaften aussenden, wollen wir die Liebe stark machen und selbst ausstrahlen. In einem Europa, indem Arm und Reich immer mehr auseinanderfallen, wollen wir für Gerechtigkeit streiten und Anwälte der Schwachen sein", so Bedford-Strohm und fügte hinzu: "In einem Europa, das von Intoleranz bedroht ist, wollen wir auf den Reichtum hinweisen, denn es bedeutet, wenn Menschen mit unterschiedlichen religiösen und kulturellen Hintergründen friedlich zusammenleben lernen."


In Polen seien es Kräfte, die ihr Land bedroht sehen würden von Muslimen, die als Flüchtlinge nach Europa kommen, und von Politikern in Brüssel, die vermeintlich nationale Interessen gefährdeten, sagte Bedford-Strohm. In Deutschland seien es Politiker, die mit Slogans wie "Deutschland zuerst. Hol dir dein Land zurück" in Wahlkämpfen auf Stimmenfang gingen. "Die uns die Erinnerung an die dunklen Stellen der deutschen Geschichte als eine Gefährdung der eigenen nationalen Identität verkaufen wollen", warnte der EKD-Ratsvorsitzende. In Wirklichkeit sei es aber ein Zeichen der Stärke, sich auch zu diesem Teil der eigenen Geschichte zu bekennen und zu der Verantwortung, die daraus folge.

Er wünsche sich, dass auch mit Polen der schon begonnenen Weg der Freundschaft weitergegangen werde, sagte Bedford-Strohm: "Deswegen bin ich so dankbar für all die Menschen, die sich schon heute für die deutsch-polnische Freundschaft engagieren oder sie sogar als Familie schon ganz selbstverständlich leben. Deswegen ist das Zusammenleben über konfessionelle, religiöse oder nationale Grenzen hinweg, das ich hier in Frankfurt an der Oder erlebe und von dem wir hier im Gottesdienst gerade gehört haben, ein echtes Zukunftsmodell." 

Am 1. September 1939 hatte die Deutsche Wehrmacht Polen überfallen und Europa mit einem sechs Jahre währenden Vernichtungskrieg überzogen.