Synodenbeschluss zu Anti-Diskriminierung (2022)

BESCHLUSS

der 13. Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland

auf ihrer 3. Tagung

zu

Anti-Diskriminierung, Gewaltprävention und Diversitätsorientierung stärken

vom 9. November 2022

Die Synode zeigt sich besorgt angesichts der zahlreichen Formen von gruppenbezogener Diskriminierung und Gewalt in Gesellschaft und Kirche. Ebenso besorgniserregend sind für sie die anhaltenden Versuche von Akteur:innen der extremen Rechten, Menschen gegeneinander aufzuwiegeln und die Arbeit am sozialen Frieden zu zerstören. In diesem Zusammenhang sieht Kirche ihre eigene Verantwortung in der Anti-Diskriminierungs- und Gewaltpräventionsarbeit in den ihr eigenen Handlungsfeldern.

Vor diesem Hintergrund bittet die Synode den Rat der EKD, das Thema ‚Anti-Diskriminierung und Gewaltprävention‘ – als wichtiges Thema einer diversitätsorientierten Kirchenentwicklung – in der zukünftigen Arbeit hoch zu priorisieren, sich in diesem Zusammenhang in seinen verschiedenen Artikulationsformen für Gerechtigkeit und sozialen Frieden einzusetzen und im Zuge dessen eine Kammer-AG ‚Anti-Diskriminierung und Gewaltprävention‘ einzurichten.

Die Arbeit der Kammer-AG möge folgende Punkte vorsehen bzw. berücksichtigen:

1. Entwicklung einer strategischen Roadmap zur Erarbeitung und Implementierung eines EKD-weiten und verbindlichen Konzepts, das die Prinzipien von Gleichberechtigung, Repräsentanz und Empowerment als leitende Prinzipien für kirchliches Handeln zur Grundlage hat, d. h. das sich gegen jegliche Form von Diskriminierung (race, gender, class, disability, religion), struktureller Gewalt und Rechtsextremismus wendet.

2. Bei der Zusammensetzung der Kammer-AG soll das Steuerungsboard des Kammernetzwerkes bereits vorhandene Expertisen im Bereich kirchlicher Arbeit berücksichtigen: zum Beispiel die Bundesarbeitsgemeinschaft Kirche & Rechtsextremismus (BAG K&R), das Studienzentrum für Genderfragen, den Antisemitismusbeauftragte der EKD, sowie Wissenschaftler:innen aus dem universitären Bereich. Vor allem ist auch hier ein Beteiligungsmodell anzustreben, das die Kooperation mit Einrichtungen und Einzelakteur:innen sucht, die Erfahrungen mit Diskriminierung und Gewalt und ihrer sozialstrukturellen Reflexion haben. Beispielhaft seien genannt BIPoC, Sinti:zze und Rom:nja, dem Judentum und Islam angehörige Personen, LGBTQIA+-Personen. Das Beteiligungsmodell bezieht entsprechende Netzwerke und hier professionell Engagierte für die Bildungsarbeit ein.

3. Teil der Roadmap sollte die Entwicklung eines verbindlichen Qualifizierungsprogramms für Haupt- und Ehrenamtliche im Bereich der Evangelischen Kirche zur Sensibilisierung für jegliche Form von Diskriminierung und Gewalt als regelhaft vorzusehendes Element in den verschiedenen Aus- und Weiterbildungsstrukturen sein. Zu einem solchen Qualifizierungsprogramm hat etwa die Durchführung von sozialen Zusammenhalt und Demokratie fördernden Dialogveranstaltungen zu politisch-kulturell sensiblen Themen und die gezielte Schärfung der eigenen theologischen Argumentation in der Auseinandersetzung mit menschenfeindlichen Positionen im kirchlichen Raum und in der Gesellschaft zu gehören. Ebenso sind Tools zu entwickeln für die unterschiedlichen kirchlichen Handlungskontexte. Zu berücksichtigen bei all diesen Prozessen sind bereits bestehende Expertisen und Einrichtungen im kirchlichen Kontext, die sich dankenswerterweise schon dem Thema der Antidiskriminierungsarbeit verschrieben haben, wie etwa das DisKursLab (Labor für antisemitismus- und rassismuskritische Bildung & Praxis). Solche Einrichtungen bedürfen im Sinne der Nachhaltigkeit ihres Arbeitens der Verstetigung.

4. Eigens Aufmerksamkeit zu schenken ist noch einmal dem Befund der Studien im Zusammenhang des von der EKD initiierten Forschungsverbunds Kirchenmitgliedschaft und politische Kultur (Publikation 2022: Zwischen Nächstenliebe und Ausgrenzung; vgl. Beschluss der 12. Synode der EKD auf ihrer 4. Tagung zu Kirchenmitgliedschaft und politischer Kultur, 15. November 2017), dass Antifeminismus, Sexismus, Homo- und Transphobie in bestimmten religiösen Milieus signifikant stärker ausgeprägt sind als im Bevölkerungsdurchschnitt und so ein sensibles Brückenthema darstellen zwischen kirchlichem Mainstream und der extremen Rechten.
Über diese themenbezogene Vernetzung ist nicht nur weitere Forschung notwendig, sondern auch die dezidierte Einbeziehung von Impulsen zur Sensibilisierung für o. g. Problemlagen in der Breite der kirchlichen Arbeit.

5. Die Synode bittet die Kirchenkonferenz um beratende Mitarbeit bei der Kommunikation der o. g. Anliegen in die jeweiligen Landeskirchen hinein.

6. Im Sinne der Nachhaltigkeit der gezielten Einsetzung von Ressourcen wird eine universitär getragene Prozessbegleitforschung empfohlen.

Magdeburg, den 9. November 2022

Die Präses der Synode
der Evangelischen Kirche in Deutschland
Anna-Nicole Heinrich